Verbreitung – Kaninchen in verschiedenen Biotopen

Allgemeines


Kaninchen sind über weite Teile der Welt verbreitet. Sie finden sich in verschiedenen Biotopen. Obwohl sie sich als anpassungsfähig erweisen, brauchen sie gewisse Grundlagen um zu überleben. In Gegenden, in denen lange sehr viel Schnee liegt können sie Beispielsweise nicht überdauern. Auch in sehr trockenen Gebieten wie Wüstenregionen kommen sie praktisch nicht vor.

Viele Populationen wilder Kaninchen waren eine Plage und haben Flora und Fauna verändert. In einigen Gebieten jedoch tragen sie ihren Teil zur Erhaltung bei, sind wichtige Beute für Raubtiere oder sorgen für ein weiter bestehen der Landschaft. Inzwischen gehen die Populationen in vielen Gebieten zurück.

Abbildung 1: Verbreitung von Oryctolagus cuniculus. Ursprünglich (native) und durch den Menschen eingebürgert (introduced).

Urheber: Carlosblh; Creative Commons-Lizenz; Orginaldatei (Oktober 2023)

Europa


Das Ursprungsgebiet der wilden Kaninchen ist die Iberischen Halbinsel und das westliche Nordafrika. Von der iberischen Halbinsel aus besiedelten sie später Südfrankreich. Von den Römern wurden sie erst rund um das Mittelmeer verbreitet. Im Mittelalter wurden in England, Frankreich und Deutschland Kaninchen in Gehegen gehalten aus denen sie entkamen oder freigelassen wurden. Langsam breiteten sie sich in Europa aus, was durch zahlreiche Einbürgerungen durch den Menschen untersützt wurde (Thompson & King 1994).

Heute findet man Wildkaninchen in Europa in Portugal, Spanien, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Großbritannien, Irland, Deutschland, sowie Teilen von Schweden, der Schweiz, Polen, Tschechien, der Slowakei, der Ukraine, Russland (nur auf Inseln im Kaspische Meer), Italien, Rumänien und Ungarn (Thompson & King 1994).

Abbildung 2: Verbreitung von Oryctolagus cuniculus in Europa nach Thompson & King (1994)

Leere Europakarte; Urheber: d-maps.com; Orginalkarte (Oktober 2023)

Spanien


Spanien ist eines der Ursprungsgebiete der wilden Kaninchen. Die Bestände sind jedoch durch Bejagung, Landwirtschaft und Seuchen rückläufig. Zum Schutz des Pardelluchses, dessen Hauptbeute wilde Kaninchen sind, hat die spanische Regierung Maßnahmen zur Stabilisierung der auch aus anderen Gründen abnehmenden Kaninchenbestände in Angriff genommen.

Wesentlich für die Verbreitung des Kaninchens war das Abbrennen von verbuschtem Land um kleine landwirtschaftlich genutzte Flächen anzulegen. Wird diese traditionelle Landnutzung aufgegeben verbuscht das Land und bietet dem Kaninchen weniger Lebensraum. Auch die sich parallel entwickelnde intensivere Landwirtschaft bietet den Tieren kaum Möglichkeiten zu überleben.

Abbildung 3: Impressionen aus einem Lebensraum wilder Kaninchen in Spanien im Dezember.

Vielen Dank an „Namenlose“ aus dem Tierforum

Afrika


In Afrika finden sich wilde Kaninchen in Marokko, im Nordwesten Algerien und auf einigen Inseln.

In Marokko überwiegt nordwestlich des Gebirges der mediterrane Bewuchs, südöstlich davon die Wüstensteppe. Geschlossene Waldbestände mit Stein- und Korkeichen, Thujen, Atlaszedern und Aleppokiefern finden sich noch in den regenreichen Gebirgszonen und den westlichen Ebenen.
Algerien hat ein mediterranes Klima im Norden, im Süden extrem trockenes Wüstenklima. In der Küstenregion und der ausreichend beregneten Nordseite des Tellatlas sind mediterrane Sträucher wie Macchie, Aleppo-Kiefern, Korkeichen und Steineichen zu finden. Im Hochland der Schotts dominieren Steppen mit Alfagras und Wermutgewächsen. Die Küstenregionen sind fruchtbar und werden zum Anbau von Getreide, Datteln, Zitrusfrüchte und Oliven genutzt. Eine ausgeprägte Vegetation gibt es zur Zeit der Regenfälle. Der Süden ist aufgrund seiner Beschaffenheit als Lebensraum für Wildkaninchen ungeeignet.

Südamerika


Bereits im 18. Jahrhundert versuchte man Kaninchen in Chile anzusiedeln, allerdings erfolglos. Auf Inseln wie der Isla Grande hingegen finden sich verwilderte domestizierte Kaninchen seit 1936. Auf kleineren Inseln im Beagle Channel lebt das Kaninchen seit 1880. Auf Isla Grande wuchs die Zahl der Kaninchen schnell an, nach 17 Jahren waren es etwa 30 Millionen Kaninchen. Innerhalb von 3 Jahren wurde die Population 1953 durch den aus Deutschland eingeschleppten Myxomatosevirus um 97 % verkleinert. Heute findet man Kaninchen im zentralen und südlichen Teil von Isla Grande (Thompson & King 1994).

Abbildung 4: Isla Grande de Tierra del Fuego, die Hauptinsel des Feuerland-Archipels.

Urheber: Bas Wallet; Creative Commons-Lizenz; Orginaldatei (Oktober 2023)

Isla Grande liegt in der kühlgemäßigten Zone mit maritimem Klima auf der südlichen Hemisphäre. Die Flora besteht hauptsächlich aus Moosen, Flechten sowie einige mit der Alpenflora verwandten, etwas höheren Pflanzen und Zwergsträuchern. Die Artenvielfalt ist relativ gering. Im zentralen Teil finden sich hauptsächlich sommergrüne Wälder, welche von der Südbuche dominiert werden.

Zwischen 1943 und 1950 wanderten Kaninchen in Argentinien ein und verbreiteten sich 15 – 20 km/pro Jahr. 1984 bevölkerten wilde Kaninchen 45000 km2, trotz der Verbreitung des Myxomatosevirus zwischen 1971 und 1972 in Argentinien. Aus Zentralchile finden sich Berichte aus dem Jahr 1960 über Vorkommen von Kaninchen bis 1500 m über dem Meeresspiegel. 1967 fand man sie von 32’S bis 38’S.

In Chile findet man Kaninchen im eher südlichen Teil des Landes. Im zentralen Teil herrscht ein warmgemäßigtes Klima, mittleren Jahrestemperaturen von 13 °C bis 15 °C und Niederschlägen bis zu 2000 mm im Jahr. Die Flora dort setzt sich aus verschiedensten Wäldern, Sträuchern und Grassteppen zusammen. Im Süden schließt sich ein kühlgemäßigtes, immerfeuchtes Klima (Jahresmittel 12 °C) mit ganzjährigen Niederschlägen von bis zu 1000 mm an. Anschließend ein kühlgemäßigtes Klima (Jahrestemperaturmittel 6 °C bis 8 °C), das nach Süden zu in subpolares Klima übergeht. Die dort vorherrschende Vegetation ist subantarktischer Regenwald mit immergrünen Südbuchen, weiter nordwärts wachsen immergrüne Laub- und Nadelwälder mit Araukarien.

Abbildung 5: Isla Grande de Tierra del Fuego, die Hauptinsel des Feuerland-Archipels.

Urheber: Bas Wallet; Creative Commons-Lizenz; Orginaldatei (Oktober 2023)

Australien


Im 19. Jahrhundert wurden Kaninchen in Australien (1859) ausgesetzt. 24 Kaninchen wurden für den Jagdsport importiert, doch bald verlor man die Kontrolle über den Bestand. In nur 50 Jahren nahmen sie ein Gebiet ein, das größer ist als halb Europa. In knapp 100 Jahren gab es mehrere Milliarden Kaninchen. Die Folgen für die einheimische Flora und Fauna waren erheblich (Thompson & King 1994).

Um ihren Vormarsch aufzuhalten kam es zum Bau des berühmten „Rabbit Proof Fence“. Ein Zaun, der sich 1.830 Kilometer durch den Bundesstaat Western Australia zog. Aber auch dieser konnte die Kaninchen nicht aufhalten. Schließlich versuchte man mittels Viren die Kaninchen auszurotten. Erst mithilfe des Myxomatosevirus. Der erste Versuch 1941 scheiterte allerdings. Ein weiterer Versuch 1952 rottete in einzelnen Gebieten bis zu 99,8 % der Kaninchen aus. Der Bestand erholte sich jedoch. 1995 versuchte man den RHD-Virus gegen die Kaninchen einzusetzen. Bis 2003 war die Kaninchenzahl in vielen trockeneren Gegenden Australiens durch RHD um 85 % oder mehr zurückgegangen. In anderen, feuchteren Gebieten hingegen entwickelten sich Resistenzen.

Abbildung 6: Verbreitung von Oryctolagus cuniculus in Australien nach Thompson & King (1994). Rot Gebiete mit häufigem Vorkommen, gelb Gebiete mit verstreuten Vorkommen.

Leere Australienkarte; Urheber: d-maps.com; Orginalkarte (Oktober 2023)

Vorkommen auf Inseln


Man findet Populationen wilder Kaninchen und verwilderter Hauskaninchen auf mehr als 800 Inseln. Immer wieder wurden Kaninchen auf Inseln ausgesetzt um eine Ernährungsgrundlage für Schiffbrüchige zu schaffen. Hierbei zeigen die Kaninchen erstaunliche Anpassungsfähigkeiten. Die meisten Inseln, welche größer als 6,5 ha sind, werden erfolgreich von Kaninchen besiedelt. Allerdings wurden sie von eingeführten Prädatoren wie Katzen oder von Myxomatose teilweise bereits ausgerottet (Thompson & King 1994).

Auffällig ist hierbei, dass sich solche Populationen durch eine geringer Körpergröße der einzelnen Tiere auszeichnen (Thompson & King 1994).

Kaninchen leben nach Thompson & King (1994) beispielsweise auf:

  • Neuseeland
  • Cabbage Tree Island vor Australien
  • Macquarieinsel, eine zum australischen Bundesstaat Tasmanien gehörende Insel im südlichen Pazifischen Ozean
  • Falklandinseln
  • Inseln im Beagle-Kanal im Süden Feuerlands
  • Andreanof Islands im Südwesten Alaskas, dort wurden sie als Futter für den Polarfuchs eingebürgert
  • Macquarieinsel bei Australien
  • Ascension im Südatlantik zwischen Afrika und Südamerika
  • Chauve Souris, einer Seychellen-Insel im Indischen Ozean
  • Rawaki, der zweitkleinste Koralleninsel innerhalb der Gruppe der kiribatischen Phoenixinseln, zentralen im Pazifischen Ozean gelegen. Dort leben sie ohne frisches Wasser und haben nie eine große Populationsdichte erreicht
  • Manana, eine kleine, unbewohnte Insel im Archipel von Hawaixi, auch „Rabbit Island“ genannt
  • Dassen Island vor Südafrika im Atlantischen Ozean
  • Kerguelen-Archipel, eine subantarktische Inselgruppe im südlichen Indischen Ozean
  • Montagu Island,die größte der im subantarktischen Südatlantik gelegenen Südsandwichinseln
  • Fedje bei Norwegen
  • Färöer zwischen den Britischen Inseln, Norwegen und Island
  • Shetlandinseln
    Sully Island bei Großbritannien
  • Helgoland
  • 20 Inseln in der Nordsee

Abbildung 7: Verbreitung von Oryctolagus cuniculus auf Inseln nach Thompson & King (1994).

Leere Weltkarte; Urheber: weltkarte.com; Orginalkarte (Oktober 2023)

Kerguelen


So wurden im 19. Jahrhundert auf der der Antarktis benachbarten Kerguelen – Inselgruppe Hauskaninchen ausgesetzt. Nachdem die Tiere ihre bevorzugte Nahrung, den Kerguelenkohl fast ausgerottet hatten, lebten sie vornehmlich von angeschwemmten Tang (Leicht 1979).

Das Klima ist kalt und windig, die Vegetation eher spärlich und tundrenartig. Die ungünstigen klimatischen Bedingungen verhindern jegliches Baum- und Strauchwachstum. In niedrigeren Lagen finden sich hauptsächlich dichte, niedrige Grasflächen, in höheren Lagen mit Moosen und Flechten bedeckte Tuffsedimentflächen.

Abbildung 8: Lage der Kerguelen – Inselgruppe

Urheber: varp; public domain; Orginaldatei (Oktober 2023)

Porto Santo


Ein bekanntes Beispiel für ausgesetzte Hauskaninchen findet sich auf Porto-Santo. Porto Santo gehört zur Inselgruppe Madeira und ist portugiesische Insel im Atlantik. Sie ist etwa elf Kilometer lang und nicht mehr als sechs Kilometer breit.

1419 warf eine trächtige Häsin auf einem Schiff und wurde samt Nachwuchs auf der Insel ausgesetzt. Heute sind diese Kaninchen verwildert und wiegen etwa 600 – 800 g. Sie lebhafter, schreckhafter und scheuer als Wildkaninchen (Leicht 1979).

Früher prägten vielen Drachenbäumen sowie viel Wacholder und Baumheide das Landschaftsbild. Starke Rodungen haben dazu geführt, dass Porto Santo heute weitgehend baumlos ist. Trotz Wiederaufforstungsprojekten wirkt dies Insel recht kahl, was unter anderem auch an dem sehr trockenen Klima liegt.

Helgoland


1597 wurden Kaninchen in Helgoland angesiedelt und 1866 wieder ausgerottet. 1962 konnten wieder Wildkaninchen auf der Hauptinsel beobachtet werden. Trotz steigender Zahl konnten von Vauk (1965) keine Schäden durch Schädigung der Helgoländer Flora (Wildkohl und Wildrüben) festgestellt werden, auch Befürchtungen der Förderung der Erosion durch angelegte Bauten wurden nicht bestätigt. Vauk (1965) stellte bei den Kaninchen eine erstaunliche Kletterfähigkeit fest.

2006 starben große Teile der Population durch RHD und Myxomatose. 2010 wurden auf der Hauptinsel keine, auf der Düne wenige Kaninchen beobachtet.

Das Klima ist ein typisches Hochseeklima mit ganzjährigen Niederschlägen und nur geringen tageszeitlichen Temperaturschwankungen.

Abbildung 9: Kaninchenbau im Sand auf der Düne

Abbildung 10: Habitat der Helgoländer Kaninchen. Mit einer der bevorzugten Futterpflanzen – Sanddorn

Abbildung 11: Scharrstellen

Memmert


Eine unbewohnte Nordseeinsel südwestlich von Juist und östlich von Borkum an der Osterems in Ostfriesland. 1930 wurden Hauskaninchen ausgesetzt und sind genotypisch völlig „Stallhasen“ geblieben, wie Kreuzungsversuche zeigen. Die zeitweise hohe Populationsdichte hat vermutlicht einen nachhaltigen Einfluss auf die Dünenentwicklung gehabt.

Gekennzeichnet ist die Landschaft durch Dünen, trockene Grasflächen und hochwassergeschützte Bereiche mit kleinflächigen, inseltypischen Gebüschen (Holunder, Sanddorn, Kriechweide) und anderen Gehölzen. Die Flora umfasst etwas 145 Arten (Oltmanns & Thannheiser 1996).

Abbildung 12: Memmert

Urheber: Marvin 101; Creative Commons-Lizenz; Orginaldatei (Oktober 2023)

Westfriesische Inseln


Auch auf den meisten Wattenmeerinsel wurde das Wildkaninchen eingebürgert. In fast allen Dünengebieten waren wilde Kaninchen sehr häufig, ihre Zahl hat aber in den letzten zehn Jahren durch Krankheiten stark abgenommen. Während man sie früher als Schädlinge betrachtete, weiß man inzwischen über ihren Nutzen für die Natur.

Inzwischen sind die wilden Kaninchen auf einigen Inseln so gut wie ausgestorben. Beispielsweise auf Schiermonnikoog. Als Folge davon verlieren Brandgänse ihre Brutplätze, da sie in alten Kaninchenbauten nisteten. Auch verbuschen die Dünen, da die Kaninchen die jungen Sprosse nicht mehr kurz halten. Auch auf Texel ist deutlich zu sehen, dass Kaninchen fehlen. Die Heide versteppt, da es zu wenig Kaninchen gibt, welche das Gras kurz halten.

Quellen


Leicht, W. H. (1979): Feldhase und Wildkaninchen. In: Tiere der offenen Kulturlandschaft. Verlag Quelle und Meyer, Heidelberg, 101-160

Thompson, H. V.; King, C. M. (Eds.); The European Rabbit – The history and biology of a successful colonizer; Oxford University Press; Oxford, New York, Toronto; 1994; ISBN 0-19-857611-0

Oltmanns, B.: Thannheiser, D. (1996): Vegetation der Insel Memmert unter besonderer Berücksichtigung der Veränderungen der letzten 16 Jahre. – Vechtaer Studien zur angewandten Geographie und Regionalwissenschaft 18: 65-75.

Robert Hofrichter, Elke Berger: Der Luchs – Rückkehr auf leisen Pfoten. Leopold Stocker Verlag, Graz 2004. ISBN 3-7020-1041-6